Tarnen und täuschen

Tarnen und Täuschen sind eigentlich Begriffe aus der Sprache der Soldaten. Auf die Natur übertragen fällt mir bei dem Stichwort vor allem das Tagpfauenauge ein. Für den schönen und häufigen Sommerfalter ist diese Abwehrstrategie ein sehr wirkungsvolles Überlebensrezept. Hat er seine Flügel zusammengeklappt, dann sieht er aus wie ein welkes Blatt, für das sich kaum ein Vogel oder ein anderer Fressfeind interessiert. Wenn er dann ruckartig seine Flügel auseinanderklappt, hört man ein leises Zischen. Dieses Abwehrgeräusch zusammen mit der bunten Flügelzeichnung mit gleich vier angedeuteten Raubtieraugen schlägt Vögel oder Mäuse in die Flucht.

tagpfauenauge
Tagpfauenauge auf Wiesenkerbel ( Quelle: Pixabay )

Jetzt Ende Mai findet man die Raupe des Falters, wie sie in Fressgruppen der nahrhaften Großen Brennnessel (Urtica dioica) zusetzen. Wenn die anfangs maigrüne Raupe mit dem dunklen Köpfchen sich schwarz gefärbt hat, dann wird sie sich bald verpuppen. Die Brennnessel ist die einzige Wirtspflanze des Tagpfauenauges. Sie wächst überall dort, wo man stickstoffreiche Böden findet. Die moderne Landwirtschaft, die durch Überdüngung solche Verhältnisse geschaffen hat, begünstigt die Vermehrung der Tagpfauenaugen. Wenn ich in der Gemeinde Pulheim zu Fuß unterwegs bin, finden sich solche Brennnesselflächen vorzugsweise auf dem schmalen Streifen zwischen Acker und Feldweg. Auch der Klimawandel hat dazu geführt, dass der wärmeliebende Schmetterling sich inzwischen auch in den kälteren Regionen Deutschlands ausgebreitet hat. Inzwischen hat das Insekt sogar in SkandinavienFuss gefasst. Tagpfauenaugen gelten als Binnenwanderer, die innerhalb ihres Verbreitungsgebiets umherziehen und das wird immer größer.

Wenn ab Juli die erste Generation des typischen Sommerfalters ausfliegt, kann man beobachten, wie die männlichen Tiere mit akrobatischen Flügen ihre Konkurrenz ausmanövrieren und so ihr Territorium vor Nebenbuhlern verteidigen.

Begattete Weibchen werden von Ende Mai bis weit in den Juni hinein bis zu 200 Eier unter die Blätter der Großen Brennessel kleben. Diese Gelege sind die Grundlage für eine zweite Generation des Tagpfauenauges, die von August bis Oktober fliegen, um sich dann zur Winterruhe an einen trockenen Ort zurückzuziehen. Das Tagpfauenauge überwintert zum Beispiel auf Speichern, in Nisthöhlen, Felsnischen oder in Mauerspalten.  Während die überwiegende Mehrheit der Tagfalterarten als Raupe in unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Winterkälte trotzt, fällt das Tagpfauenauge in eine Winterstarre. Ähnlich dem C-Falter sorgt in den Zellen eingelagertes Glycerin dafür, dass seine Körperflüssigkeit nicht gefriert. So kann das Insekt bis zu minus 20 Grad unbeschadet überstehen.

War die Raupe noch ausschließlich auf die Brennessel als Nahrung spezialisiert, so ist der fertige Falter bezüglich seiner Nektarnahrung nicht wählerisch. Auch die zweite Spätsommergeneration fliegt auf alles,was blüht. Wenn im Spätsommer überreife Früchte fallen, dann findet man ihn auch hier bei der Nahrungsaufnahme.

Schon ab März fliegen die schönen Falter wieder. An warmen Tagen saugen sie dann Nektar an Weidenkätzchen, Veilchen, Taubnesseln, Seidelbast oder Huflattich und sorgen so mit für die Bestäubung der Frühblüher und schaffen wieder Nachwuchs.

Schmetterlinge gehören mit weltweit 160.000 beschriebenen Arten nach den Käfern zur größten Artengruppe unter den Insekten. Allein in Deutschland gibt es 3700 Falterarten. Zusammen mit dem Kleinen Fuchs ist das Tagpfauenauge der am häufigsten zu findende Schmetterling Deutschlands.

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