Meister und Stümper

„Der Mensch erwirbt sein täglich Brot nur als Knecht der Pflanze, in deren Dienst er im Schweiße seines Angesichts den Boden bearbeitet, sich nicht scheut, Mist als wertvolles Vermögen zu preisen; der Pflanze zuliebe hat sich seinen Beruf, sein Denken und Empfinden eingestellt, für sie fleht er den Himmel um Regen an, unterzieht er sich zur Erntezeit den härtesten Arbeiten, alles deshalb, weil er in der chemischen Technik ein Stümper, sie aber ein Meister ist.“

„Jeder Busch, jeder Baum kann den Menschen dabei belehren, ihn beraten und ihm Erfindungen, Apparate technische Einrichtungen sonder Zahl vorweisen“, meint der Botaniker Raoul Francè in seinem Buch „die Pflanze als Erfinder“.

Der Mitbegründer der Biotechnologie ließ sich selbst dabei vom Klatschmohn für eine erste ausdrücklich der Natur abgeguckte „Erfindung“ inspirieren. Nach dem Vorbild der Samenkapsel der Pflanze entwickelte er einen Salzstreuer, den er sich patentieren ließ. Durchsetzen konnte sich seine Erfindung allerdings nicht. Mit Francés Streuer „für Gewürze, Medikamente und dergleichen“ konnte man nicht punktgenau streuen. Zum Salzen eines Frühstückseis eignete sich der Streuer des frühen Bionikers jedenfalls nicht.

Eine Mohnkapsel ist nämlich auf weite und breite Streuung ihrer Samen optimiert. Die Pflanze mit den leuchtend roten Kronblättern streut ihre Samenkörner in einem Radius von bis zu 4 Metern aus. Dabei hilft ihr der Wind, der die winzigen Samenkörner verweht und durch eine dachartige „Konstruktion“ am oberen Ende der Samenkapsel dabei noch beschleunigt wird.

In dem Neubaugebiet, in dem ich seit Anfang Juli wohne, gedeiht der Klatschmohn gut auf den frisch angehäuften Mutterbodenhalden. Die Ackerbegleitpflanze findet auf dem kalkreichen Boden der „Kalkeifel“ offenbar gute Standortbedingungen. Und das sehr zur Freude meiner Bienen. Der Klatschmohn liefert zwar keinen Nektar, aber er gehört zu den produktivsten Pollenlieferanten unter den Blühpflanzen. Trotz der kurzen zwei Blühtage produziert eine Blüte rekordverdächtige 2,5 Millionen winzige, blauschwarze Pollenkörner. Gerade jetzt im Frühherbst ist das gute Aufbaunahrung für die Aufzucht der Winterbienen.

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