Warnung oder Bluff?

Die meisten Zikaden sind Meister der Tarnung und man muss schon genau hinsehen, um sie zu entdecken. Warum die Blutzikade heißt, wie sie heißt, braucht man nicht zu erklären. Ihre lateinische Artbezeichnung, Cercopis vulnerata, zu deutsch „die verwundete Zikade“, macht das noch deutlicher. Ob ihr schwarzrotes Warnkleid ihren Fressfeinden signalisiert, dass sie ihnen zumindest schwer im Magen liegen wird, sollten sie sich an ihnen verschlucken oder ob sie nur blufft, weiß man wohl nicht so genau. Jedenfalls blieb sie unbeeindruckt sitzen, als ich die Pflanzen, die die Sicht auf mein Motiv etwas behinderten, zur Seite schob, um näher an sie heranzukommen. Unbeeindruckt saugte sie weiter an dem Blatt auf dem sie frühstückte.

Die weltweit 45.000 beschriebene Arten umfassende Insektengruppe der Zikaden hat viele typische Merkmale. Am auffälligsten sind ihre dachförmige Flügelhaltung und ihre Ernährungsweise. Mit ihrem Saugrüssel bohren sie saftige Blätter an um deren nährstoffreichen Pflanzensäfte wie mit einem Strohhalm aufzunehmen. Manche Arten sind monophag, was bedeutet, dass sie sich nur von einer Futterpflanze ernährt, andere oligophage Zikaden wie die Ginsterzikade leben von den Smoothies einer einzigen Pflanzengruppe. Die Blutzikade ist polyphag, was heißt, dass eine Vielzahl von Blattpflanzen auf ihrem Speiseplan stehen.

Beeindruckend ist die enorme Sprungkraft der Zikaden. In der Disziplin Hochsprung hält die nur einen halben Zentimeter große Schaumzikade womöglich den Weltrekord im Tierreich. Wenn sie plötzlich hochschnellt, weil Gefahr im Verzug ist, erreicht sie das 140-fache ihrer Körperlänge. Mit ihren Hinterbeinen baut sie wie in einem Katapult Spannung auf, die sich bei Gefahr plötzlich entlädt.

Zikaden werden auch Zirpen genannt. Das Wort ist uns als Adjektiv „zirpen“ geläufig und man bezeichnet damit die Töne, die die Grillen mit Hilfe ihrer Flügel erzeugen. Doch im Gegensatz zu den Grillen haben die Zikaden ein eigenes Organ, Tymbale oder Trommelorgan, mit dessen Hilfe Gesänge erzeugt werden, die der Anlockung von Weibchen oder der Reviermarkierung dienen. Für das menschliche Ohr sind nur die Töne der Familie der Singzikaden hörbar.

Eine weitere Besonderheit, die Zikaden, von anderen Insekten unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie in ihrer Entwicklung kein Puppenstadium durchlaufen und sich vom Ei über die Larve zum fertigen Insekt wandeln.

Während die Blutzikade noch relativ häufig zu finden ist, geht es unseren heimischen Zikadenarten nicht so gut. 56 Arten, das ist die Hälfte der in Deutschland zu findenden Zikadenarten, sind vom Aussterben bedroht. Und immer sind es die gleichen Ursachen: Habitatverluste und intensive Land- und Forstwirtschaft.

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