Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein: | Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein, | Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.
Der Barockdichter Andreas Gryphius findet in den Versen seines berühmten Sonetts „Es ist alles eitel“ starke Bilder für das Spiel der Zeit und die Vergänglichkeit der Werke der Menschen.
Wie die ewig umbauenden Kräfte der Natur zusammenwirken, zeigt der Blick auf die alten Wege, die ich manchmal gehe. Ehemalige Schotterwege wurden in den 60 er Jahren im Zuge einer fortschreitenden Mechanisierung der Landwirtschaft asphaltiert. Viele werden heute nur noch selten befahren und die Natur erobert sich die Feldwege zurück.
Bevor die Wurzeln eines Baumes sich auf der Suche nach Halt und Nährstoffen in den Schotter der Wegkofferung vorgearbeitet haben, um von unten die Deckschicht zu durchbrechen, haben Sommerhitze und Winterfrost den aufliegenden Asphalt mürbe gemacht. Wasser ist eingedrungen und hilft dem Frost, den Wegbelag immer weiter zu zersprengen. Wind und Regen haben Nadelstreu, Laub und Reisig herbeigefegt, die an der knorrigen Wurzel hängengeblieben sind. Dort haben Mikroorganismen, die wir mit dem bloßen Auge gar nicht erkennen können, wie Wurzelfüßer, Wimper- und Geißeltiere, Bakterien, Pilze und Algen das tote Pflanzenmaterial zu Humus verarbeitet. Jetzt können Moossporen, die Samen von Gras und dem zähen Breitwegerich Fuß fassen. Den haben eifrige Ameisen herbeigetragen, die begonnen haben, in dem Rissen und Spalten des unterliegenden Schotters neue Kolonien zu gründen.
Als Kind habe ich erlebt, wie die Feldwege asphaltiert wurden und wie die Menschen auf dem Land ihre Fortschrittserwartungen damit verbunden haben. Im Alter erkenne ich, wie nichts auf Dauer Bestand hat, was gegen die Natur ist.