Gelbe Narzissen

Es gibt kaum eine Frühjahrsblume, die weiter verbreitet ist als die Narzisse. Angeboten wird sie zur Zeit in Gartencentern, Supermärkten, Blumenläden. Sie wächst in unseren Vorgärten und Parks in Beeten und Rabatten. Keine Planzschale, kein Frühlingsgesteck, kein Osterstrauß kommt ohne sie aus. Unter dem Namen Osterglocken erinnert sie als religiöses Symbol alljährlich an die Auferstehung Christi.

Nur aus unseren Landschaften ist die Gelbe Narzisse (Narcissus pseudonarcissus), die Urmutter von 20.000 Zuchtformen fast verschwunden. Auf unseren hoffnungslos überdüngten Wiesen kann sie nicht überleben und hat es traurigerweise auf die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Arten geschafft. Es war dann gestern für mich auch eine freudige Überraschung, sie an einem Wegrain in der Gemarkung Wahlen zu finden. Der Einsatz von Pestiziden und Düngern, die intensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung und die fortschreitende Verarmung der Landschaft machen es auch bei uns in der Eifel vielen Arten schwer, zu überleben. Viele ehemalige Narzissenwiesen wurden in der Vergangenheit mit Fichten aufgeforstet. Die lichtliebenden Narzissen wurden so verdrängt. Im Perlenbachtal südlich von Monschau gibt es noch intakte Narzissenwiesen.

Narziss
(Caravaggio, 1598/99, Galleria Nazionale d’Arte Antica, Rom)

Nicht von ungefähr bringen wir die Blume mit dem Thema Schönheit zusammen. Der Pflanzenname Narcissus erinnert an die Sage des selbstverliebten Jünglings Narziss. Dieser war ein schöner Jüngling, der von vielen Liebenden beiderlei Geschlechts begehrt wurde, aber niemanden erhörte. Als er sein Spiegelbild im Wasser erblickte, verliebte er sich in sich selbst, und er starb an seiner unerfüllten Liebe. Von dem Toten fand man keinen Leichnam, sondern nur eine Blume, in der Mitte gelb und mit weißen Blütenblättern. Seitdem gilt der alte Mythos als Sinnbild für Selbstverliebtheit aber auch für vergebliche Liebessehnsucht.

Ovid, auf den der Mythos zurückgeht, hatte dabei die Weiße Narzisse im Sinn, die ihre Heimat im Mittelmeerraum hat. Der Botaniker Linné, auf den die Benennung der Narzisse zurückgeht, nannte diese Unterart dann auch Narcissus poeticus, Narziss des Dichters. Auch sie teilt das Schicksal der Gelben Narzisse. Als Schnittblume aus den Gärtnereien finden die Weiterzüchtungen einen massenhaften Absatz. Aber an ihren Heimatstandorten im Mittelmeerraum ist die Dichter-Narzisse in ihren Beständen stark bedroht.

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